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Fragen und Antworten zum Verdachtsfall auf sexualisierte Gewalt

25.1.2024

© Kirchenkreis

Was versteht man unter dem Begriff sexualisierte Gewalt?

  • Der Begriff „sexualisierte Gewalt“ wird im Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt definiert. Nach §2 KGSsG liegt sexualisierte Gewalt vor, wenn ein unerwünschtes sexuell bestimmtes Verhalten bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Sexualisierte Gewalt kann verbal, nonverbal, durch Aufforderung, durch Tätlichkeiten aber auch durch Unterlassen geschehen. Sexualisierte Gewalt kann mit oder ohne Körperkontakt geschehen. Die Definition umfasst also auch schriftliche und digitale Formen von sexuellen Grenzüberschreitungen. Auch Handlungen oder Verhaltensweisen, die unterhalb der strafrechtlichen Relevanz liegen, können nach der Definition im KGSsG sexualisierte Gewalt darstellen und müssen bearbeitet werden. Das Abstinenzgebot im KGSsG regelt, dass jede Form sexuellen Kontaktes innerhalb besonderer Macht-, Abhängigkeits- und Vertrauensverhältnisse unzulässig ist. Wenn diese vorliegen kann es sich auch bei einvernehmlichen sexuellen Handlungen zwischen Volljährigen um sexualisierte Gewalt handeln.

Was ist das KGSsG?

  • Das Kirchengesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt (kurz KGSsG) ist im März 2021 in Kraft getreten und ist auch für den Evangelischen Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein und seine Kirchengemeinden bindend. Das Gesetz regelt Anforderungen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und nennt Maßnahmen zu deren Vermeidung und Hilfen in Fällen, in denen sexualisierte Gewalt erfolgt ist.
    Die Definition von sexualisierter Gewalt im KGSsG liegt deutlich unterhalb der Grenze der Strafbarkeit.

Welche Maßnahmen hat der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein nach Bekanntwerden der Verdachtsmomente im Frühjahr 2023 getroffen?

  • Unmittelbar nachdem dem Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein der Verdachtsfall im Frühjahr 2023 gemeldet worden war, schaltete er die Ermittlungsbehörden ein. Anschließend war die Staatsanwaltschaft, wie es das Gesetz vorsieht, Herrin des Verfahrens. Unabhängig davon muss der Kirchenkreis dem Interventionsleitfaden der Evangelische Kirche von Westfalen folgen.

Was ist ein Interventionsteam?

  • Nach Bekanntwerden des Verdachtsfalles im Frühjahr 2023 wurde ein Interventionsteam gegründet. Das gibt die Landeskirche auf Grundlage des KGSsG vor. Die Aufgaben und Ziele sowie die Zusammensetzung dieses Teams sind festgelegt. Interventionsteams handeln immer betroffenenorientiert. Oberstes Ziel sind der Schutz der Betroffenen und die Achtung ihrer Bedürfnisse. Das Interventionsteam besteht aus Vertretern der Leitungsorgane, einer externen Fachberatung sowie Vertretern der Öffentlichkeitsarbeit. Es berät fortwährend über aktuelle Entwicklungen, leitet nötige Handlungsschritte ein und beschließt gemeinsam konkrete Maßnahmen.
    Das Interventionsteam steht in Kontakt mit Betroffenen. Sie werden über die relevanten Schritte und Entscheidungen des Interventionsteams informiert. Es wird zudem sichergestellt, dass die Betroffenen notwendige Unterstützung erhalten.

Wird der Verdachtsfall zusätzlich extern aufgearbeitet?

  • Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Westfalen hat Experten mit der externen und kirchenunabhängigen Aufarbeitung beauftragt. Die von der Landeskirche beauftragte Kanzlei kann nach Einstellung des Ermittlungsverfahrens mit ihrer Untersuchung und damit mit der Aufabreitung beginnen. Dabei werden auch Sachverhalte in den Blick genommen, die im strafrechtlichen Sinne nicht oder nicht mehr justiziabel sind. Der Kirchenkreis sichert zu, die Aufarbeitung des in vollem Umfang zu unterstützen.

Hat der Kirchenkreis Kontakt zu Betroffenen? Wie unterstützt der Kirchenkreis Betroffene?

  • Auf kreis- und landeskirchlicher Ebene gibt es Kontakt zu Betroffenen. Ihnen werden neben seelsorglicher Begleitung auch Hilfsangebote wie bei Bedarf längerfristige rechtliche und psychologische Unterstützung angeboten. Die Schilderungen von Betroffenen werden sehr ernst genommen. Sie und ihre Perspektiven behält der Kirchenkreis fest im Blick.

Was fällt in die Zuständigkeit des Kirchenkreises und was in die der Evangelischen Kirche von Westfalen?

  • Bei der Meldestelle der Evangelischen Kirche von Westfalen gingen erste Vorwürfe Anfang 2023 ein. Der Ablauf im Fall einer Meldung ist im §8 KGSsG festgeschrieben. In der landeskirchlichen Meldestelle wird eine Verdachtseinschätzung vorgenommen. Ist ein Verdacht begründet, erheblich und plausibel, wird dieser dem zuständigen Leitungsorgan gemeldet. Dem Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein war im Frühjahr 2023 ein Verdachtsfall gemeldet worden. Nach § 6 KGSsG sind Leitungsorgane verpflichtet, Interventionsmaßnahmen anhand gültiger Handlungs- und Notfallpläne zu ergreifen. Ein Team zur Intervention wurde, wie es die Landeskirche vorgibt, gegründet. Die Verantwortung des Interventionsprozesses bleibt beim Leitungsorgan, also beim Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein. Die Landeskirche beauftragte zudem eine wissenschaftliche externe Aufarbeitung.

Was unternimmt der Kirchenkreis, um sexualisierte Gewalt zu verhindern?

  • Der Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein setzt sich intensiv für die Bekämpfung sexualisierter Gewalt ein und leistet seit Jahren eine umfassende Präventionsarbeit. Verpflichtend für alle beruflich und ehrenamtlichen Mitarbeitenden finden Präventionsschulungen statt, Mitarbeitende, die direkten Kontakt zu Kindern haben oder Leitungspositionen innehaben, legen erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse vor. Jede Kirchengemeinde und Einrichtung des Kirchenkreises muss zudem ein Schutzkonzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt erstellen. Der Kirchenkreis hat eine Präventionsstelle eingerichtet mit Mitarbeitenden, die sich intensiv für das Thema Prävention einsetzen. Seit Beginn der Schulungen im Jahr 2022 haben sie mehr als 1200 ehrenamtliche und berufliche Mitarbeitende geschult. Das passiert nach dem Leitfaden „Hinschauen, helfen, handeln“.

An wen können sich Betroffene wenden?

  • Betroffene sexualisierter Gewalt können sich an die Stabsstelle Umgang mit Verletzungen der sexuellen Selbstbestimmung (UVSS) der Evangelischen Kirche von Westfalen wenden. Hier steht eine hauptamtlich beauftragte Person Betroffenen beratend und auf Wunsch seelsorgend zur Verfügung. Im Umgang mit dem Themenkomplex sexualisierte Gewalt fortgebildet und erfahren, kann die beauftragte Person in entsprechenden Gesprächen mit den Betroffenen erste Handlungsmöglichkeiten entwickeln und sie bei der Entscheidungsfindung über das weitere Vorgehen begleiten. Die beauftragte Person kann im Rahmen des Seelsorgegeheimnisses absolute Verschwiegenheit garantieren. Ansprechpartner bei der Stabsstelle UVSS sind Daniela Fricke (Telefon: 0521 594-308, Mail: fricke@ekvw.de) und Christian Weber (Telefon: 0521 594-380, Mail: christian.weber@ekvw.de).
  • Zudem besteht für Betroffene die Möglichkeit, sich an die Zentrale Anlaufstelle.help zu wenden. Diese zentrale, unabhängige und externe Stelle vermittelt als Lotsin Betroffene an kirchliche und diakonische Ansprechstellen weiter, informiert aber auch über alternative und unabhängige Beratungsangebote. Die kostenlose Beratung kann anonym in Anspruch genommen werden und unterliegt der Schweigepflicht.
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